«Mitgefühl macht die Welt nicht besser – im Gegenteil.»
Der Titel war reisserisch genug, ich musste den Text lesen. Im Artikel von Regula Freuler ging es um die Ansichten von Paul Bloom, Psychologe und
Kognitionswissenschafter, der nach Zürich kam, um den Forschungspreis der Jacobs Foundation entgegenzunehmen.
1
Leidige Sache: das Mitleid!
Da kann ich nicht mithalten. Aber das Thema fasziniert mich, und aus theologischer und seelsorgerischer Sicht kann auch ich etwas dazu sagen.
Als Seelsorgerin ist
Empathie eine wichtige Fähigkeit. Das Wort «Mitleid» jedoch
gefällt mir nicht. Wenn
ich mir vorstelle, dass ich mitleide, wenn meine Freundin
beispielsweise krank
ist, dann scheint das tatsächlich wenig zur Besserung ihres
Zustandes
beizutragen.
Wenn ich jedoch
zuhöre, weiterdenke und handle, dann ist das bestimmt
hilfreicher für meine
Freundin. Ihr Leiden lässt mich nicht unberührt, bringt mich aber
nicht hilflos zum
Leiden oder eben zum Mitleiden. Mein Herz wird zwar
angesprochen, aber mein Hirn denkt mit und meine Hände
greifen helfend ein.
So kann ich einen Tee kochen oder Einkäufe erledigen. Ich kann
ihr vom Leben erzählen, das ausserhalb des Krankenzimmers
stattfindet. Wir können
über Gott und die Welt reden. So wird sie ein wenig abgelenkt von
den Schmerzen und
kann am Leben teilhaben.
Zuwendung
entgegenbringen, Unterstützung und tröstende Worte finden,
ohne selber in «Leid»
zu verfallen, das ist besser als Mitleid. – Also weg mit dem
leidigen Mitleid!
Im eingangs
erwähnten Artikel ist zu lesen, dass die Psychologie zwischen
kognitiver und
emotionaler Empathie unterscheidet. Ohne gleich Psychologie
studiert zu haben, machen wir alle wohl immer wieder instinktiv das Richtige, lassen uns von Herz und Kopf leiten, selbst wenn wir Worte wie «Mitleid» bemühen.
Und zum Schluss noch dies: Geht es ums Handeln, ist die Barmherzigkeit die Tugend, die bewegt und ermutigt, uns mit Bedürftigen und Armen zu solidarisieren und mit ihnen Lösungen
zu suchen und Wege zur Besserung zu finden und zu begehen.
In der Bibel steht: «Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer.» (Hosea 6,6)
Und ich ergänze: Barmherzigkeit will ich, und nicht Mitleid.
Text: Rita Inderbitzin, Seelsorgerin Bahnhofkirche Zürich
Kunst & Kirche
In Klang gegossenes Gebet
In der neuen Rubrik stellen wir Ihnen dieses Mal die Kirchenmusikerin und Komponistin Sr. Maria-Amadea vom Kloster Heiligkreuz vor.
CJe tiefer ich in die Musik hineinwachse, desto mehr wird sie mir zum Lebenselixier. Sie gibt meinem Leben eine Tiefendimension. Mein Innerstes kommt zum Klingen,
wenn ich Orgel oder Flöten spiele oder
komponiere. Es ist klingende Berufung. Ich bin
jedoch nicht nur Komponistin und
Kirchenmusikerin, sondern zuerst und vor
allem Ordensfrau. Das geistliche Leben in
Gemeinschaft ist das Gefäss, aus dem heraus
ich alles andere wirke. Meine Musik will in
Klang gegossenes Gebet sein.
Die Musik hat mich gefunden. Bereits früh
brachte ich mir das Spiel verschiedener
Instrumente autodidaktisch bei. Bei den
Karmelitinnen im Josefsheim Dietikon, wo ich
mit 19 Jahren eintrat, erhielt ich Orgelstunden.
Vor 13 Jahren, nach meinem Übertritt zu den
Olivetaner-Benediktinerinnen von Heiligkreuz
in Cham, folgte das Studium an der
Diözesanen Kirchenmusikschule in St. Gallen,
danach lernte ich bei Stephan Simeon
Komposition.
Seither bin ich Organistin in unserem Kloster
und komponiere Werke für Orgel, Ensemble,
Kammermusik und Chor. Ich pflege einen
eigenen Kompositionsstil, den ich chromatische Progression nenne. Im Vordergrund stehen der Klang und seine Entwicklung. Da meine Werke einen eigenen Klangweg
beschreiten, fordern sie von den Aufführenden Offenheit für Ungewohntes und Engagement in der Klanggestaltung. Mein Wunsch ist es, dass die Musik je nach
Interpretierenden neu ersteht.
Text: Sr. Maria-Amadea (Aufzeichnung: ps)
Sr. Maria-Amadea
Kloster Heiligkreuz, Cham
49, Kirchenmusikerin (Orgel B) und Komponistin