Gott existiert, ich bin ihm begegnet
Auch Christus fordert uns auf zur persönlichen
Erfahrung: Als Johannes am Jordan sein
prophetisches Wort verkündete, sprachen zwei
Jünger Jesus an: Meister, wo wohnst du? Wie
antwortet Jesus? Er könnte ihnen seine Adresse
geben oder sie an die prophetischen Worte über den
Messias im Alten Testament erinnern. Was macht
er? Er lädt die Jünger zur persönlichen Erfahrung
ein und sagt: Kommt und seht! (Joh 1, 39). Die
Antwort, die zugleich eine Afforderung ist. Denn:
Jesus zu kennen, heisst, ihm zu begegnen, zu
erleben', was er meint, mit ihm eine persönliche
Beziehung einzugehen, mit ihm zu sprechen.
Auch heute stellen nicht wenige
Menschen die gleiche Frage. Auch
heute fragen noch viele nach diesem
Jesus Christus, suchen ihn, versuchen
ihn zu sehen. Es sind nicht wenige, die
genauso wie die Jünger damals wissen
möchten, wo er wohnt.
Die Gotteserkenntnis können wir uns nicht selber geben. Es ist ein Geschenk, das Gott uns macht. Es
steht auch nicht in unserer Macht, weder es zu erzwingen, noch es zu verdienen. Wir knnen es jedoch
annehmen, wie wir selber Licht oder Liebe annehmen. Jesus möchte, dass wir ihm glauben und ihn
kennenlernen. Wir Menschen wollen es oft umgekehrt: «Herr, zeige Dich mir zuerst, dann werde ich
Dir glauben». Im Evangelium lesen wir: Kommt und seht! Glaubt, und ihr werdet sehen! Tut, was ich
euch sage und berzeugt euch selbst.» (Vgl. Mk 11, 21 - 23). Jesus lernen wir nicht durch das
Studieren kennen, sondern dadurch, dass wir nach ihm leben. Es geht nicht nur darum, dass wir den
Katechismus lernen. Es geht darum, Jesus wirklich zu kennen. Er selber sagt: «Dieses Volk ehrt mich
mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.» (Mt 15, 8).
Wo ist unser Herz? Kennen wir Jesus oder sind wir über ihn nur informiert? Muss er nicht auch zu
uns wie zu Phillipus sagen. «So lange schon bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt?»
(Joh 14, 9).
Glaubhaft, obwohl ziemlich übertrieben, erzählt davon die folgende Geschichte: Es
trafen sich zwei Freunde. Einer von ihnen ist gerade Christ geworden. Sein ungläubiger
Freund fragte ihn: «Glaubst du jetzt an Christus?» - «Ja.» - «Dann kannst du mir sicher
von ihm viel erzählen. Sag mal, in welchem Land ist er geboren? - «Das weiss ich nicht.
- «Wie alt war er, als er gestorben ist?» - «Das weiss ich nicht.» - «Kannst du mir
mindestens sagen, was er gelehrt hat?» - «Das weiss ich auch nicht.» - «Also, ehrlich
gesagt, hast du als gläubiger Mensch wirklich nicht viel Informationen von Christus.» -
«Ja, du hast recht. Ich schäme mich dafür, dass ich ihn nicht besser kenne. Aber ich sage
dir, was ich von ihm weiss: Vor drei Jahren war ich Alkoholiker. Ich hatte grosse
Schulden. Meine Frau und unsere Kinder hatten stets Angst, wenn ich abends nach
Hause kommen sollte. Heute trinke ich nicht mehr, habe keine Schulden mehr, und
meine Frau und die Kinder erwarten mich voller Freude, wenn ich von der Arbeit nach
Hause komme. Das ist das, was ich von Christus weiss. Das hat Christus für mich getan.
Christus wirklich zu kennen bedeutet, das Leben zu ändern.»
Im ersten Brief schreibt Johannes: Niemand hat Gott je geschaut. Wir könnten folglich zum Schluss kommen, dass der
Mensch keine Chance hat, Gott zu kennen. Doch Johannes führt fort: «Wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns
und seine Liebe ist in uns vollendet.» (1 Joh 4, 12).
Das ist auch meine persönliche Erfahrung. Ich bin überzeugt: Der sicherste Weg, um Gott zu finden, ist der Weg
der Liebe. Darin besteht das Geheimnis des Glaubens und die Genialittät des glaubenden Menschen: innige
Beziehung zu Jesus zu leben und das Leben zur Liebestat zu machen.
Daher sage ich: «Jesus, wir kennen dich nicht, obwohl wir sagen, dass wir an dich glauben, obwohl wir
unzählige Bücher über dich gelesen haben. Wir kennen dich nicht, obwohl wir ber dich mit anderen reden. War
kennen dich nicht, obwohl du die ganze Zeit mit uns verbringst. Wir kennen dich nicht, wir sind über dich nur
informiert. Wenn wir dich kennen würden, müssten wir uns ändern. Wenn wir dich kennen würden, wäre es
uns nicht möglich, dich nicht zu lieben. Wenn wir dich kennen würden, würden wir uns danach sehnen, berall
dort zu sein, wo du bist.»
Tex vonMaria Tomekova
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