Grenzenloses Licht Das Licht von Bethlehem weiterschenken –
dafür
engagieren sich Vreni und Walter Stählin seit 25 Jahren.
Wer gesund ist, geistig und körperlich nicht wesentlich
eingeschränkt, wer viele Freunde hat und aktiv ist,
der ist auch im Alter zufrieden. Davon ist man auch wissenschaftlich
bis anhin ausgegangen.
Nun stellen zwei Studien der Heidelberger Universität diese
Vorstellungen gründlich auf den Kopf. Befragt wurden
ausschliesslich über 100-jährige Menschen, von denen niemand
mehr gesund und aktiv war, sondern alle mehrfach eingeschränkt
und oft sehr gebrechlich. Ihre Antworten überraschen: Zufriedenheit
mit der eigenen finanziellen Situation, ein hohes Glücksempfinden
und das Gefühl, der eigene Gesundheitszustand sei ganz okay,
machen glücklich. Der tatsächliche Kontostand wie auch die
objektiv vorhandenen Gebrechen spielen dabei gar keine
wesentliche Rolle.
Fazit: Den Hundertjährigen gelingt es, sich an kleinen Dingen zu
erfreuen. Sie haben gelernt, das Leben so zu akzeptieren, wie es ist:
im Wandel, im Loslassen und Abschiednehmen. Sie
haben ihre Ziele und Motivationen der immer wieder neuen
Lebenssituation angepasst. Sie verwenden ihre begrenzte Kraft auf
das, was ihnen wirklich wichtig ist.
Nicht nur Hochbetagte, auch kleine Kinder können uns zeigen, wie
man mit dem eigenen Leben zufrieden sein kann: offen, neugierig,
im Augenblick versunken.
Statt möglichst viele Weihnachtsguetzli backen und tausend
Adventsfeiern und Weihnachtsmärkte abklappern könnten wir uns
von den Alten und den ganz Kleinen etwas abschauen. Uns freuen am Duft von Orangen, mit Nelken gespickt. Aus dem Fenster schauen und die Nebelfetzen in den Bäumen bewundern. Eine
Weihnachtskarte von Hand schreiben. Kerzenlicht in der Roratefeier oder am Stubentisch geniessen.
Und falls wir – weil
noch nicht hundertjährig – bis Weihnachten voller Verpflichtungen herumhetzen, tun wir das alles einfach nach Weihnacht.
Es war an einem Quartierfest im Sommer
1993.Walter Stählin war im OK, seine Frau
Vreni verkaufte Öl-Lampen für das
österreichische Hilfswerk «Licht ins
Dunkel». Bei der Spendenübergabe steckt
dessen Geschäftsleiterin die Stählins mit
ihrer Begeisterung für die Friedenslicht-Idee
an – die sie seither nicht mehr losgelassen
hat. Seit 1986 entzündet jeweils ein Kind in
der Geburtsgrotte Jesu in Bethlehem ein
Licht, welches mit einer speziellen Laterne
mit dem Flugzeug nach Wien gebracht wird.
Zuerst wurde das Licht – vom ORF
übertragen – nur in Österreich verteilt.
«Die Einfachheit dieser Botschaft hat uns
berührt», sagt Vreni Stählin. «Sie hat keine
Grenze, weder politisch, kulturell oder
religiös: Das Licht, den Wunsch nach
Frieden, weitergeben, ganz offen und frei,
von Mensch zu Mensch.» Sie nimmt eine
grosse Laterne hervor, die das Ehepaar seit 25
Jahren begleitet und immer wieder das Licht
von Bethlehem geborgen hat. Sie holten
damit das Licht in Bregenz und brachten es
nach Zürich, wo sie es an einem Stand auf
dem Vorplatz ihres Geschäftes und später im
Hauptbahnhof Zürich in Toni-Gläsern
weitergaben.
Da viele Leute etwas spenden wollten, holten
sie «Aktion Denk an mich» ins Boot. Die
Idee zog Kreise, immer mehr Menschen und
ganze Kirchgemeinden wollten das Licht in
ihre Mitte holen. Daher mussten aus
Sicherheitsgründen spezielle Kerzen und
Laternen eingesetzt werden. «In der Garage
richteten wir ein Versand-Lager ein», erzählt
Vreni Stählin. Heute übernimmt eine Kerzen-
Firma diese Aufgabe. Der Gewinn aus dem
Verkauf wird hälftig an «Denk an mich» und
für den Erhalt von «Friedenslicht Schweiz»
eingesetzt.
«Seit einigen Jahren holen Jungwachtund
Blauringleiter in Wien das Licht und bringen
es nach Zürich», erzählt Walter Stählin, der im Verein Friedenslicht Schweiz als Präsident fungiert.
Nach Verhandlungen mit der Stadt wurde es möglich, das Licht von Bethlehem mit einem Schiff zum Bürkliplatz zu bringen, wo es dann – umrahmt von einer Feier – an alle
weitergegeben wird. «Heute gelangt das Licht ausser nach Zürich auch direkt nach Basel, Freiburg, Lugano und Luzern. Und in über 30 weitere Länder in Europa und sogar auch nach
Übersee», freut er sich.
Beatrix Ledergerber-Baumer
So, 17.12., 17.00, Schiffsteg Bürkliplatz: Friedenslichtankunft.
www.friedenslicht.ch
26