Maria Regina
 
 
  Maria, die Mutter, hat einen Ehrentitel: Regina, lateinisch 
  für Königin. Das Fest «Maria, Königin des Himmels » begeht 
  unsere Kirche am 22. August, acht Tage nach Himmelfahrt.
  Ich beobachte die Kinder einer Freundin beim Spielen. Ein 
  Junge und ein Mädchen, beide im Kindergartenalter. Sie 
  spielen Familie. Das 
  Mädchen steckt ein 
  Kissen unter ihr Shirt, 
  sie ist schwanger. 
  Stolz trägt sie den 
  grossen Bauch vor 
  sich her. Bald wird das 
  Baby auf die Welt 
  kommen. 
  Während mir die Freundin 
  erzählt, wie es 
  ihr geht, wie sich so 
  manches verändert 
  hat, seit die Kinder da 
  sind, wie müde sie 
  ist, wie sie sich nach 
  Ruhe sehnt und 
  nach einem Moment nur 
  für sich allein – 
  während wir also 
  plaudern, haben 
  die Kinder ein neues 
  Spiel entdeckt. 
  Sie setzen sich 
  gegenseitig Kronen 
  auf, steigen feierlich 
  aufs Sofa und 
  nehmen Platz auf dessen 
  Lehne. 
  Ich gehe zu den beiden 
  und frage, wer sie 
  denn wohl seien? «Ich 
  bin die Königin 
  von diesem Land», sagt 
  sie sehr ernst. 
  «Und was macht die 
  Königin?», frage 
  ich zurück. Einen Moment 
  lang schaut sie 
  mich mit grossen Augen an und weiss nichts zu sagen, dann 
  lacht sie, wirft die Krone vom Kopf und springt weg. Ich 
  muss an die Grossen der Welt denken. Was wissen sie schon, 
  was sie tun? Und ich verstehe die Sehnsucht: nach einer 
  ewigen Mutter, nach einer wirklichen Königin.
  Text:Veronika Jehle
 
 
 
  Mutig nach vorne schauen
  Stiftskirche in Neustadt an der Weintraße
  mit Pfarrer 
  Michael Landgraf und 
  Pfarrerin Dr. 
  Nicole Schatull
  Wie kriege 
  ich meine Zukunft 
  gebacken?“ 
  fragen sich 
  Jugendliche 
  zu Beginn des neuen 
  Schuljahrs. 
  Für ihren 
  Traumberuf 
  brauchen sie gute 
  Zensuren. Das 
  macht Druck.  
  Andere 
  möchten nach der 
  Schulzeit 
  gern auf andere 
  Kontinente 
  reisen, wissen aber 
  nicht, ob sie 
  sich das zutrauen 
  können. Wie ermutigend in solchen Zeiten der Ungewissheit und 
  Neuorientierung der Glaube an einen persönlichen Gott ist,
 
 
 
  Enthauptung
  Es   ist   ein   
  makaberer   Anlass,   an   den  
  am  29.  August  
  gedacht  wird:  Johannes der 
  Täufer wurde geköpft. 
  Die  Geschichte  aus  dem  
  Markus-Evangelium 
  liest sich wie ein Krimi.Krimis 
  lesen sich gut, wenn 
  sie rea-listisch sind, komplex, 
  verwickelt und 
  verworren, wie das Leben 
  selbst. Ein Feuerwerk  
  der  Emotionen,  die  ab-
  gleiten  ins  Böse,  
  abgründig  und  er-
  schreckend. Die Verse 
  14 bis 29 aus dem  sechsten  
  Kapitel  des  Evange-
  liums  von  Markus  lassen  da  
  nichts  vermissen. Sie erzählen, wie Eifersucht und Intrige  einen  Menschen  Kopf  
  und  Kragen  kosten.  Die  Akteure:  König  Herodes  und  der  Prophet  Johannes  der  
  Täufer,  zwei  Männer  mit  Visio-nen, allerdings mit gegensätzlichen. Dann zwei 
  Frauen, Herodias und Sa-lome,  ihre  Tochter.  Die  Handlung:  Herodes  heiratet  
  Herodias  unrech-terweise, Johannes macht daraus kein Geheimnis. Herodias hasst 
  den Täu-fer dafür und für seinen Einfluss auf ihren König. Am Geburtstag des Königs 
  passiert es  dann.  Salome  tanzt  für  Herodes,  so betörend, dass dieser sagt: «Bitte 
  mich,  um  was  du  willst,  ich  will  es  dir geben.» Den Kopf des Propheten will 
  Salome. Nicht zufällig, hatte sie als  anständige  Tochter  doch  ausge-rechnet ihre 
  Mutter gefragt, was sie sich wünschen solle. Eifersucht, Int-rige,  Mord  niemand  soll  
  mehr  sa-gen, die Bibel überliefere keine rea-listischen Geschichten.
  Veronika Jehle
 
 
 
  Kirchenjahr
 
 
  Spiritualität ganz alltäglich
  Gipfelschnaps trinken
  Ich liebe die Berge und das Wandern. In diesen 
  Sommerferien habe ich mir einen lange gehegten Touren-Traum 
  erfüllt. Nach vielen Jahren war ich wieder einmal in der 
  Greina-Ebene, einem magischen Ort in den Bündner 
  Bergen. Zusammen mit meiner Frau fuhren wir ins Val 
  Lumnezia, von Chur mit der Rhätischen Bahn und per 
  Postauto auf 1560 Meter zum Ausgangspunkt nach 
  Vrin. Nach dreistündigem Aufstieg erreichten meine 
  Frau und ich den Pass Diesrut auf 2428 Meter, wo 
  sich ein grandioser Ausblick auf die Greina-Ebene 
  eröffnete, die auf Romanisch «Plaun la Greina» 
  genannt wird.  
  Die Greina ist eine der schönsten und grössten 
  Hochebenen der Schweiz. Die herrliche, 
  unberührte Naturlandschaft wurde in den 
  Jahren 1948 und 1949 sowie 1985 bekannt, als 
  in der Greina ein Wasserkraftwerk mit 
  Stausee gebaut werden sollte. Die Greina-
  Ebene gehört zum Quellgebiet des Rheins 
  und dessen Wasser sollte auf der Alpensüdseite 
  turbiniert werden. Landesweite Proteste 
  führten dazu, dass das Projekt zurückgezogen 
  wurde. Seitdem ist die Greina als Schutzzone 
  ins Bundesinventar der Landschaften und 
  Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung 
  aufgenommen, denn sie birgt ein Hochmoor mit 
  einer paradiesischen Vielfalt seltener Gräser 
  und Pflanzen.  
  Nach sechs Stunden Wanderung kommen wir 
  also zur Motterascio-Hütte des SAC und 
  übernachten dort. Höhepunkt unserer 
  Wanderung sollte am nächsten Morgen die 
  Besteigung des 3149 Meter hohen Piz Terri 
  werden. Nach drei Stunden erreichen wir den 
  Terri-Gipfel und geniessen am Gipfelkreuz die 
  gigantische Aussicht in die Bündner und Tessiner 
  Alpen. Eine Inschrift erinnert daran, dass der 
  Piz Terri erstmals im Jahr 1801 von Pater Placidus a 
  Spescha vom Kloster Disentis bestiegen wurde.  
  Aus Freude und Erleichterung über den Aufstieg 
  begehen wir am Gipfel ein schönes Ritual, das ich schon 
  von meinem Vater gelernt habe: Wir berühren das 
  Gipfelkreuz, geben uns einen Gipfelkuss und sprechen still ein 
  Vaterunser. Dann holen wir den Gipfelschnaps aus dem Rucksack. 
  Freilich warnen Gesundheitsapostel immer wieder davor, weil 
  Bergtouren einen klaren Kopf verlangen. Für einen Moment ignorieren wir all diese Ratschläge und geniessen einen Schluck Edelbrand, hier oben 
  zwischen Himmel und Erde. Wir danken Gott für das Wunder der Natur – und sind uns ziemlich sicher, dass Pater Placidus damals auch einen 
  Gipfelschnaps im Gepäck hatte.
  Text: Christian Cebulj, Rektor der Theologischen Hochschule Chur
 
 
 
   Die Würde des Menschen in der Pflege ist mir nach wie vor ein grosses Anliegen. 
  Wofür stehen Sie ein?
  Pflegende sollen nicht Tätigkeiten abarbeiten müssen, sondern für den kranken Menschen da sein. Die innere Präsenz hilft, 
  Prioritäten zu setzen, um nicht alles, aber das Wichtige zu tun. 
  Die Politik und die Gesellschaft müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit das möglich ist. 
  Wie verhält sich Ihr Ordensleben, Ihr Glaube, zu Ihrem Engagement?
  Ich kann das nicht trennen. Ich bin ich, in meinem Leben im Kloster genauso wie in der Bildungsarbeit. Meine Ordensgemeinschaft 
  gibt eine Lebens- und Gebetsstruktur. Wenn ich vor schwierigen Situationen stehe, merke ich, wie Gott mich hält.
 
 
 
  Niklaus von Flüe
  * 1417 in Flüeli, Ortsteil von Sachseln im Kanton Obwalden in der Schweiz
  † 21. März 1487 in der Ranftschlucht bei Flüeli im Kanton Obwalden in der Schweiz
  Ein  Mann  zwischen  Familie,  Beruf  und  Berufung:  Niklaus  lebte  diese  Spannung bereits im 15. Jahrhundert. Am 
  25. September gedenkt sein Land gern des bedeutenden 
  Schweizers.Über  Niklaus  von  Flüe  sollte  man  Bescheid wissen. 
  Im Jahr 1481 hatte er der schweizerischen Eidgenossen-schaft zur 
  vertieften Einheit verhol-fen, indem er die Tagsatzungsherren 
  bewegte, nochmals zusammenzutre-ten und eine friedliche Lösung 
  ihrer Konflikte zu finden. Darauf beschlossen die acht Orte sogar,  
  Freiburg  und  Solothurn  auf-zunehmen, was den Bund erweiterte 
  und ganz nebenbei die Mehrsprachig-keit in der Schweiz einleitete. 
  Über Niklaus von Flüe sollte man aber  nicht  nur  aus  
  geschichtlichen  oder  politischen  Gründen  Bescheid  wissen. 
  Wegweisend ist seine Art, sein eigenes  Leben  zu  gestalten.  
  Begabt  war er unbestritten, arbeitsam eben-falls: Bauer, Ratsherr, 
  Ehemann und Vater  soll  er  gewesen  sein,  später  dann 
  Einsiedler, bevor Ehrentitel wie Friedensstifter, Mystiker und 
  Heiliger hinzukamen.
  Wie  fand  er  den  Weg  durch  all  die  Ansprüche, zwischen den 
  Versuchun-gen des Erfolgs und den Abgründen der Konflikte? 
  Tatsächlich im Gebet. Seine  Mitte,  seine  Quelle,  Kompass  und 
  Wegweiser war für ihn das Sit-zen in der Stille. Seit jeher soll er da-für jede Nacht aufgestanden sein, be-zeugt sein 
  ältester Sohn.Veronika Jehle
 
 
 
 
  Nikolaus, Sohn des 
  gemeinfreien Bauern 
  Heini und seiner Frau 
  Hemma, die 12 Hektar 
  Grund besaßen und 
  damit reiche Bauern 
  waren, wurde schon als 
  Kind mit Visionen 
  bedacht. Als Jugendlicher 
  hatte er einen 
  ausgeprägten Hang zur 
  Einsamkeit und zum 
  stillen Gebet. Im Alter 
  von 16 Jahren sah er in 
  einer Vision einen hohen 
  Turm an der Stelle im 
  Ranft, an der er später 
  seine Einsiedelei 
  errichtete. Berichtet wird 
  auch vom Besuch dreier 
  Männer - ähnlich dem 
  Besuch der drei 
  göttlichen Männer bei 
  Abraham -, die ihm 
  seligen Tod verhießen 
  und ihm ein Kreuz als 
  Zeichen übergaben.
 
 
  Nikolaus, Sohn des gemeinfreien Bauern Heini und seiner Frau Hemma, die 12 Hektar Grund besaßen und damit reiche Bauern waren, wurde schon als Kind mit Visionen 
  bedacht. Als Jugendlicher hatte er einen ausgeprägten Hang zur Einsamkeit und zum stillen Gebet. Im Alter von 16 Jahren sah er in einer Vision einen hohen Turm an der 
  Stelle im Ranft, an der er später seine Einsiedelei errichtete. Berichtet wird auch vom Besuch dreier Männer - ähnlich dem Besuch der drei göttlichen Männer bei Abraham -, 
  die ihm seligen Tod verhießen und ihm ein Kreuz als Zeichen übergaben.
  Nikolaus wurde Bauer und nahm ab 1440 als Offizier am Krieg gegen Zürich teil, in dem sich auch die "Bluttat von Greifensee" ereignete, die Ermordung der schon 
  besiegten Verteidiger. Wohl 1446 heiratete Nikolaus im Alter von etwa 29 Jahren die vierzehnjährige Dorothea Wyss, baute dann auf dem Flüeli ein neues Haus und wurde 
  Vater von fünf Knaben und fünf Mädchen. 1457 
  wandte er sich vor Gericht gegen die vom Pfarrer 
  von Sachseln geforderte Erhöhung der 
  Kirchensteuer, 1459 stieg er zum Ratsherrn in 
  Obwalden und Richter seiner Gemeinde auf. Man 
  achtete ihn wegen seines Gerechtigkeitssinnes und 
  seiner Klugheit; gegen höhere politische Aufgaben 
  wehrte er sich. 1460 war er nochmals als Soldat am 
  Feldzug gegen Thurgau beteiligt; der 
  Überlieferung zufolge verhinderte er dabei die 
  Brandschatzung des Klosters Katharinental in 
  Diessenhofen. Durch all die Jahre verließ ihn aber 
  nie die heimliche Sehnsucht nach dem 
  Einsiedlerleben. Als er seine Frau das erste Mal um 
  Entlassung bat, lehnte sie entsetzt ab.
  Im Alter von 50 Jahren verschärfte sich seine 
  Suche nach dem Lebenssinn: "Schwer war ich 
  niedergedrückt. Lästig wurde mir meine liebste 
  Frau und die Gesllschaft der Kinder". Anfälle 
  plagten ihn, manchmal stand er mit verdrehten 
  Augen, offenem Mund und verzerrtem 
  Gesichtausdruck an die Wand gelehnt da und war 
  nicht mehr ansprechbar. Auf Anraten eines Priester 
  widmete er sich verstärkt der Betrachtung des 
  Leidens Christi; schließlich beschloss er - mit 
  ausdrücklichem Einverständnis seiner Frau und 
  der Kinder, was er als "große Gnade Gottes" 
  wertete -, ins Ausland zu gehen. Am Gallustag im 
  Oktober 1467 verließ Nikolaus seine Familie - das 
  jüngste Kind war gerade ein Jahr alt - und legte 
  alle politischen Ämter nieder. Er machte sich 
  zunächst den Weg zu einer mystischen 
  Bruderschaft in Basel, fühlte sich aber kurz vor dem 
  Erreichen seines Ziels durch drei Visionen in 
  Waldenburg zurückgerufen: mystische Gestalten 
  versperrten ihm den Weg, dann sah er die ganze 
  Stadt blutrot eingetaucht und in der folgenden 
  Nacht einen Lichtstrahl auf sich herabkommen, der 
  ihm Bauchschmerzen bereitete.
  Nikolaus erkannte, dass seine Flucht nach Basel 
  nicht Gottes Willen entsprach; er traute sich aber 
  nicht, nach Hause zu kommen, und ging zunächst 
  auf die Alpe Chlisterli im Melchtal in einiger 
  Entfernung von seinem Heimatort.
  Als er nach acht Tagen von Jägern gefunden wurde, begab Nikolaus sich schließlich doch an den Ort, den er seit Kindestagen in einer Vision als seine 
  Einsiedelei gesehen hatte: in die Ranftschlucht, nur wenige Minuten vom Wohnhaus seiner Familie auf dem Flüeli entfernt. In einer Hütte aus Ästen und Laub 
  verbrachte er dort den ersten Winter, im folgenden Sommer errichteten Bauern aus Flüeli in Fronarbeit die Zelle und Kapelle für Nikolaus, die der Konstanzer 
  Weihbischof 1469 - nach Prüfung der Ehrbarkeit von Nikolaus' Einsiedlerleben - zu Ehren der Mutter Gottes, der Büßerin Maria Magdalena, des heiligen 
  Kreuzes und der 10.000 Ritter konsekrierte.
  1469 schloss sich der aus Memmingen stammende Priester Ulrich als Schüler Nikolaus an und errichtete eine Holzklause auf der gegenüberliegenden Seite des 
  Tales im Gebiet des heute St. Niklausen genannten Ortes an der Stelle der dann 1448 gebauten Kapelle im Mösli. Als auch er strengstens fastete und deshalb 
  krank wurde, mahnte Nikolaus ihn, davon abzulassen. Ulrich starb 1491.
 
 
 
  Vatikan weist Deutsche Bischofskonferenz in ihre Schranken
  Nach dem Missbrauchsskandal will sich die katholische Kirche in Deutschland reformieren. Doch jetzt funkt der Vatikan dazwischen – mit einer sehr klaren, fast spöttischen Botschaft.
  Angeredet wird Reinhard Marx von seinem römischen Kardinalskollegen Marc Ouellet aus dem Vatikan gestelzt-höflich mit "Eure Eminenz". Aber dann hagelt es Kritik. Trefft keine deutschen Entscheidungen, 
  am Ende entscheidet Papst Franziskus, katholische Kirche ist keine Demokratie – mit so schroffen Feststellungen bügelt Rom den Wunsch in Deutschland nach mehr innerkirchlicher Offenheit ab. In dem 
  Gutachten lässt der Vatikan kaum ein gutes Haar am geplanten Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland.
  Das ist der Konflikt 
  Worum geht es? Der sexuelle Missbrauch von Kindern 
  und Jugendlichen durch Kleriker hat das Vertrauen in die Kirche 
  erschüttert. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und 
  das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) – die Vertretung 
  der Gläubigen – sind sich deshalb einig: Jetzt muss 
  etwas geschehen. Sonst ist der Schaden irreparabel.
  Deshalb wollen sie einen Reformprozess einleiten, den 
  "synodalen Weg". Es geht darin um vier Punkte: den Umgang der 
  Kirche mit Macht, die kirchliche Sexualmoral, die 
  umstrittene Ehelosigkeit von Priestern (Zölibat) und die Position 
  von Frauen in der Kirche. All diese Punkte haben nach 
  Expertenmeinung strukturell dazu beigetragen, dass der Missbrauch 
  über so lange Zeit ungestraft stattfinden konnte.
  Erster Warnschuss kam vom Papst 
  Die große Frage zum geplanten Reformprozess ist: 
  Dürfen die deutschen Katholiken sowas überhaupt? Schließlich sind 
  sie nur ein Teil der viel größeren Weltkirche, und an 
  deren Spitze steht der Papst. Einen ersten Warnschuss aus Rom 
  gab's schon im Sommer: Da warnte Papst Franziskus die 
  deutschen Glaubensbrüder und -schwestern in einem Brief vor 
  Alleingängen. Weil er seine Aussagen aber in eine 
  blumig theologische Betrachtung verpackte, blieb alles so unscharf, 
  dass der DBK-Vorsitzende Reinhard Marx das Schreiben 
  sogar als "Ermutigung" werten konnte.
  Das jetzt veröffentlichte Schreiben des Vatikans lässt 
  dagegen keinen Spielraum mehr für Interpretationen. Die deutsche 
  Teilkirche könne nicht über Themen wie die Position 
  der Frauen entscheiden, weil diese die ganze Weltkirche beträfen, 
  heißt es darin klipp und klar. Und die Nicht-Kleriker 
  vom ZdK haben demnach schon mal gar kein Recht, 
  mitzuentscheiden – schließlich sei die Kirche "nicht (...) 
  demokratisch strukturiert".
  Woelki warnt vor Abspaltung
  Der Kirchenrechtsexperte Thomas Schüller ist in seiner 
  Bewertung eindeutig: "Der 'synodale Prozess' kann damit nicht wie 
  geplant durchgeführt werden", folgert er. "Eine kleine 
  Minderheit der Bischöfe unter Führung von Kardinal Woelki hat es – 
  durch gute Kontakte nach Rom – geschafft, den ganzen 
  Reformprozess zu konterkarieren." Der in Kirchenfragen 
  erzkonservative Rainer Maria Woelki aus Köln hatte 
  kürzlich sogar gewarnt, es drohe eine Abspaltung der deutschen 
  Katholiken von der Weltkirche, wenn der Reformprozess 
  weitergehe.
  ZdK-Präsident Thomas Sternberg zeigt sich dagegen entschlossen, den "synodalen Weg" weiterzugehen. Er sieht das Schreiben offenbar als Einschüchterungsversuch, von dem er sich aber nicht 
  beeindrucken lassen will: "Glaubt irgendjemand, man könne in einer solchen Krise der Kirche das freie Gespräch, das nach Ergebnissen und notwendigen Reformschritten sucht, unterdrücken?"
 
 
  Böser Brief aus Rom  
 
 
 
  Franziskus von Assisi
  «Il   Cantico   di   Frate   Sole»   heisst   das  wunderbare  Lied  des  Italieners  
  Francesco, «Der Gesang von Bruder Sonne».  Ein  poetischer  Beitrag  zur  
  Klimadebatte.
  «Höchster,  allmächtiger,  guter  Herr,  dein  ist  das  Lob,  die  Herrlichkeit  und  Ehre  
  und  jeglicher  Segen.  Dir  allein,  Höchster,  gebühren  sie  und  kein  Mensch  ist  
  würdig,  dich  zu  nennen.» So beginnt sein Gesang, der Lob-gesang  des  Franziskus,  
  geschrieben  im 13. 
  Jahrhundert. 
  Sonne und Mond 
  werden 
  darin zu seinen 
  Geschwistern, 
  zusammen  
  mit  allem,  was  
  ist.  Als  
  wäre der Mensch 
  einzig und 
  alleine auf dieser 
  Welt, zu 
  staunen, zu beob-
  achten  und  
  sich  zu  freuen,  
  singt  er  
  Gott und allem 
  Lebendigen 
  ein Lied. «Gelobt   
  seist   du,   
  mein   Herr,   für   
  unsere  
  Schwester  Mutter  
  Erde,  die  
  uns  erhält  und  
  lenkt  und  
  vielfäl-tige Früchte 
  hervorbringt, mit 
  bunten 
  Blumen  und  
  Kräutern.»  
  Franziskus  weiss,  
  dass  er  
  alles  
  Lebensnotwen-dige  geschenkt  bekommt.  Nehmen  und besitzen wäre Zerstörung. Ist das 
  gemeint, wenn der Heilige weiter singt «Wehe jenen, die in töd-licher  Sünde  sterben»?  
  Franziskus  hatte den prunkvollen Mantel seines Vaters eingetauscht gegen eine ein-fache 
  braune Kutte, er lebte mit der Natur und fand seinen persönlichen Einklang  mit  ihr.  
  «Selig,  die  Gott  finden  wird  in  seinem  heiligsten  Willen.»
  von Veronika Jehle
 
 
 
 
  Plüschtiere waschen
 
 
  1
 
 
 
 
    Katholische Synode
 
 
  «Peanuts», die Comicserie mit Charlie Brown und seinem Hund Snoopy,
  ist seit Jahrzehnten beliebt. Dort kommt auch der Junge Linus vor. Er ist bekannt dafür, dass er seine blaue Schmusedecke überallhin mitnimmt. Sie gibt ihm Trost, wärmt ihn und lässt ihn abends gut einschlafen. Der verstorbene 
  Zeichner der Comics erklärte einmal, dass sein Sohn als kleines Kind ebenfalls solch eine Decke mit sich herumtrug.Es gehört bei vielen Kleinkindern dazu, dass sie ein Schmusetuch oder Plüschtier haben, von dem sie sich 
  nicht trennen können. Es gibt ihnen Halt und Heimat – auch noch Schulkindern, wenn sie einmal woanders übernachten. Dabei geht es nicht nur darum, wie sich das Tuch oder das Tier anfühlt und wie es aussieht. Meistens ist 
  der vertraute Geruch noch wichtiger. Plüschtiere oder Nuschis zu waschen, ist daher sehr
  heikel und wird am besten heimlich
  gemacht, wenn das Kind es nicht sieht.Doch der Geruchssinn lässt sich nicht täuschen. Der Verlust ist gross, wenn der «heilige Gegenstand» nach der Wäsche nicht mehr nach Heimat riecht. Doch Gott sei Dank, bald kommt der 
  Geruch wieder wie von selbst. Als Mutter habe ich die schwere Entscheidung, ab wann das Waschen eines Plüschtieres unvermeidbar ist. Auch als Erwachsene verbinde ich mit Gerüchen viele Erinnerungen. Sie können positiv 
  oder negativ sein. Sie reichen vom Parfüm des ersten Freundes bis zum abschreckenden Geruch im Spital.Der Theologe Leonardo Boff hat ein Buch über Sakramente geschrieben. Interessanterweise schreibt er darin zunächst 
  vom letzten Zigarrenstummel seines Vaters. Immer wenn er daran riecht, sind sofort alle Erinnerungen an den Vater wieder da – bis heute. Unser Geruchssinn ist am stärksten mit dem Langzeitgedächtnis verbunden.Wir dürfen 
  nicht streng mit unseren Kindern sein, was die Plüschtiere angeht. Eine uralte Sehnsucht nach Geborgenheit ist eben mit Düften verbunden.
  Erwachsene beruhigen sich ja auch mit Räucherstäbchen oder Duftölen, und man darf diese Hilfsmittel haben. Sie wecken Geborgenheit. Diese Erfahrung kann ähnlich wie ein Sakrament sein. So ist es kein Wunder, dass 
  kirchliche Heilszeichen auch mit Gerüchen von Weihrauch oder Öl verbunden sind und uns so mit dem Ewigen in Berührung bringen.
  Pastoralassistentin Katholische Pfarrei Volketswil Michaele Madu
 
 
  Kirchenjahr
  «Thomas, der Apostel»
  Zwilling, Zweifler, Indienmissionar – Thomas hat unter den Aposteln ein eigenständiges Profil. 
  Sein Gedenktag wird in neun christlichen Kirchen gefeiert, in unserer am 3. Juli.
  Jesus könnte Thomas vielleicht Ta’am gerufen haben. Das ist die Wurzel des Namens Thomas, 
  aus der aramäischen Sprache, die auch Jesus gesprochen hat. Ta’am heisst Zwilling. Rund 300 
  Jahre nachdem Jesus und Thomas miteinander unterwegs waren, wissen die sogenannten 
  Tho-
  masakten zu erzählen, die beiden könnten tatsächlich Zwillinge gewesen sein. Zumindest im 
  übertragenen Sinn: Als ein «Zwilling» Christi soll Thomas Wunder vollbracht und Menschen 
  bekehrt haben. Und das in
  Indien.
  Tatsache ist, dass sich heute sieben Kirchen im Osten Indiens «Thomas-
  christen» nennen. Sie sehen im Apostel Thomas ihren Gründervater, der für seinen Glauben 
  dort auch das Martyrium erlitten haben soll. Berühmt geworden ist Thomas für eine Geschichte, 
  die in der Bibel überliefert ist. «Wenn ich meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich 
  nicht» ist jener Satz, der Thomas in Verruf gebracht hat, an der Auferstehung Jesu zu zweifeln. 
  Jesus dagegen lässt sich herausfordern. Ein Privileg, das einem «Zwilling» offenbar zusteht.
  Text: Veronika Jehle
 
 
  Ethik, Rechnung, Bauen und Abschied
  An ihrer letzten Sitzung der Amtsperiode 2015–2019 zeichnete die Synode drei Abschlussarbeiten mit ihrem Ethik-Preis aus und verabschiedete drei Synodalräte.
  Die drei Abschlussarbeiten, die mit dem Ethikpreis ausgezeichnet wurden, beschäftigten sich mit ethischem Handeln in der Bekleidungsbranche, mit der Frage nach dem Impfzwang und dem ethischen Umgang mit Geld in einer Pfarrei. 
  Den mit je 2000 Franken dotierten Preis überreichte Ruth Thalmann an Neva Nann (Foto), Aline Regez und Claudia Nuber.
  Das katholische Parlament nahm am 13. Juni ausserdem die Jahresberichte der Ombudsstelle, 
  der Rekurskommission und der Katholischen Kirche im Kanton Zürich ab und genehmigte die 
  Jahresrechnung 2018 der Körperschaft ohne Gegenstimme. Diese schliesst bei einem Ertrag von 
  61,8 Millionen Franken und einem Aufwand von 58,6 Millionen Franken mit einem 
  Ertragsüberschuss von 3,2 Millionen Franken. Dies dank höherer Beiträge der Kirchgemeinden 
  (aufgrund höherer Steuereinnahmen), tieferer Baubeiträge und des in allen Ressorts 
  eingehaltenen Budgets, wie Finanzvorstand Daniel Otth lobend erwähnte.
  Zu diskutieren gab der Beitrag der Synode an die Bausanierung des Hauses der Katholischen 
  Hochschulgemeinde aki. Der Beitrag von einer Million Franken war an sich unbestritten, 
  doch der Zeitpunkt dazu schien einigen Synodalen zu früh: Sie wollten einen genaueren 
  Kostenvoranschlag, eine fixe Baukommission und Sicherheit über das Vorhaben der Stadt 
  Zürich bezüglich der Polytreppe, welche auf dem Grundstück des aki vorbeiführt. Die 
  Finanzkommission der Sy-
  node wie auch der Synodalrat wollten den Beitrag jetzt sprechen, damit das Bauvorhaben 
  starten und weitere Geldgeber angefragt werden können. Der Beitrag werde erst ausgezahlt, 
  wenn
  die noch offenen Punkte geklärt seien, wurde argumentiert. Die Synode folgte schlussendlich 
  diesem Antrag.
  Das Kirchenparlament genehmigte zudem den Zusammenschluss der Teile Hirzel und Schönenberg-Hütten mit
  den Kirchgemeinden Horgen respektive Wädenswil.
  An dieser letzten Sitzung verabschiedete der selber auch zurücktretende Synodenpräsident Alexander Jäger die drei abtretenden Synodalräte André Füglister, Zeno Cavigelli und Ruth Thalmann sowie die Kommissionspräsidenten Peter 
  Brunner, Primus Kaiser und Bruno Rüttimann. Viele Synodalen trugen im Hinblick auf den Frauenstreik-Tag den violetten Aufkleber «Gleichberechtigung.
  Punkt. Amen.»bl
 
 
  
 
 
  
 
 
  Maria, die Apostelin
 
 
  Sie steht für Gleichberechtigung. Ihren Gedenktag am 22. Juli hat Papst Franziskus zum Fest 
  erhoben und Maria Magdalena damit den Aposteln gleichgestellt.
  Für mich persönlich gehört die Szene zu den berührendsten Momenten 
  im Neuen Testament: Jesus steht ihr gegenüber und sagt nur: 
  «Maria!» Und sie, die ihn nicht erkannt hat – die ihn auch nicht 
  erkennen konnte,immerhin war er doch gestorben –, erkennt am Klang 
  ihres Namens den Ersehnten in ihm. Intimität und Unschuld sprechen 
  so ruhig und innig aus diesem kurzen Dialog.
  Es ist der Moment, der mein Sinnbild für Gleichberechtigung ist: 
  Jesus und Maria Magdalena, Mann und Frau erkennen einander. Auf 
  Augenhöhe. Und anerkennen einander. In aller Unterschiedlichkeit. 
  Das ist Liebe. Das ist Nächstenliebe. Agape, ob mit oder ohne Eros.
  Natürlich ist gerade sie die erste Zeugin der Auferstehung. 
  Natürlich ist gerade sie eine von jenen, die unter dem Kreuz 
  ausharren. Natürlich ist gerade sie Apostelin und geht mit Jesus 
  gemeinsame Wege. Natürlich lässt Jesus gerade sie nahe an sich 
  heran. Nicht weil sie eine Frau ist, sondern weil sie bereit ist. 
  Vielleicht ist sie derart bereit, weil sie eine Frau ist. Nahe bei 
  Jesus ist, wer nahe bei Jesus ist. Unabhängig vom Geschlecht.
  Veronika Jehle