Bericht aus dem Vatikan Wenn der Vatikan zum Spielplatz wird
Es gibt den alten Witz: Welcher Staat hat die tiefste Geburtenrate?
Der Vatikanstaat. Wer sich den Kleinstaat allerdings als grosse Klostergemeinschaft vorstellt, der irrt sich. Es gibt hinter den vatikanischen Mauern durchaus Familien mit Kindern, auch wenn es sich bei
denen, die Eltern sind, nicht um Kardinäle und Priester handelt. Die meisten Minderjährigen im 450-Seelen-Staat haben im Übrigen den Schweizer Pass und sind Kinder von Schweizergardisten. Es gibt
auch etliche Kinder von Vatikan-Angestellten, die nicht im Vatikan wohnen, sondern in unmittelbarer Nähe. All diese Kinder treffen sich nun wieder, zum zweiten Mal: Jetzt im Juli findet nämlich wieder
ein Sommer-Camp mitten in den Vatikanischen Gärten statt. Da können hunderte Kinder von 5 bis 13 Jahren im päpstlichen Gumpi-Schloss hüpfen und in der Audienzhalle feine italienische Glace
geniessen. Im vergangenen Jahr, mitten in der Pandemiezeit, hatten einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Papst ge-beten, im Vatikan ein Sommerlager für ihre Kinder durchführen zu können.
Franziskus erteilte die Erlaubnis und besuchte sie sogar persönlich. Es war ein Riesenerfolg, weil die Vatikan-Angestellten auf diese Weise eine Mög-lichkeit hatten, ihre Kinder in ein sicheres Umfeld zu
schicken, während sie selbst entweder zur Arbeit gingen oder ein bisschen Ruhezeit mit dem Ehepartner verbrachten. Dieses Jahr findet das vatikanische Kindersommerlager vom 21. Juni bis 31. Juli statt.
Die Kinder werden in drei Altersgruppen aufgeteilt. Sie spielen die ganze Zeit entweder auf dem Rasen oder dürfen das vatikanische Bassin zum Planschen benützen. Meine Töchter waren so begeistert,
dass sie in diesem Jahr gleich fünf Wochen hintereinander mitmachen wollen. Da lernen sie neue Freundinnen kennen, können auch mal wieder auf Schweizerdeutsch reden und nebenbei erkunden sie
auch noch jeden Winkel der Vatikanischen Gärten. Sie sind miteinander in einem Kleinstaat unterwegs, der 42 Hektar gross ist, laufen auch mal durch den Petersdom (durch Eingänge, die für Touristen
nicht zugänglich sind) oder beim Gästehaus Santa Marta vorbei, wo bekanntlich ja der Papst wohnt. Die Betreuerinnen sind nicht Nonnen, wie man vielleicht denken würde, sondern vor allem junge
Erzieherinnen. Geleitet wird das Ganze von einem Priester, und zwar vom Seelsorger der Gendarmerie, Pfarrer Francesco Fontana. Einmal am Tag gibt er den Kindern einen spirituellen Impuls mit. In
diesem Sommer möchte er aus der Papst-Enzyklika «Laudato Si’» vorlesen und sie erläutern. Stand im vergangenen Sommer der Sport im Vordergrund, soll es also diesmal um den Umweltschutz gehen,
ganz im Sinne von «Laudato Si’». So lautet das Motto der diesjährigen 2. Vatikanischen Sommerlager-Ausgabe «Gemeinsam für eine bessere Welt».
Es ist mutig, dass die Mitglieder des Bischofrates ihre persönliche Meinung zur Frage von «Frauen in der Kirchenleitung» veröffentli-chen. Einzig Jürg Stuker weicht
mit einer fadenscheinigen Begründung aus. Es ist mutig. Denn was sie sagen, ist erschreckend. Die Zeit für die Priesterweihe von Frauen sei nicht reif
und die Weltkirche nicht bereit: Wenn die böse Zeit nicht wäre, die einfach nie reif ist, würden wir’s schon machen. Und bei der Weltkirche wissen wir
halt nicht, wer das eigentlich ist. Oder stecken am Ende doch ein paar Kardinäle, Bischöfe und der Papst dahinter? Und klar – es braucht Geduld. Viel
Geduld. Immer wieder. Bis zum St. Nimmer¬leinstag. Und natürlich Gebet. Wir hier können halt nichts machen. Und wir wissen ja: Gottes Mühlen mahlen
langsam. Seit Jahrhunderten sind sie sogar ausser Betrieb. Gesetzt worden. Von der Weltkirche. Wenigstens gibt es im Bischofsrat auch Verständnis, dass
sich manche Frauen diskrimi¬niert fühlen. Zum Glück nur «fühlen» – und nicht wirklich diskriminiert sind. Und da ist auch noch jemand, der Ausschau
hält nach Hinweisen, ob Jesus in dieser Zeit vielleicht auch Frauen in diesem Amt möchte. Wie tröstlich. Hoffentlich wird jemand fündig.
«Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche»
Man hat in der theologischen Diskussion die Vorschläge des Theologen Leonardo Boff nicht aufgenommen. Engagierte Frauen und Männer in Lateinamerikas
Basisgemeinden waren vor 45 Jahren für ihn Anlass genug, die Kirche neu zu entdecken. Bis heute fehlt der Mut jener dazu, die für die Leitung der Kirche auf
allen Ebenen als Männer letzt verantwortlich zeichnen! Der nun von Franziskus I. gewünschte globale synodale Weg wird zur nächsten Gelegenheit, sich doch noch in
prospektiver Solidarität mit allen anderen Gemeinden in der Universalkirche ans Umsetzen der genannten Postulate zu machen. Dabei das Richtige zu tun, wird
weiterführen – auch wenn von einem im ganzen Volk Gottes tief verinnerlich¬ten Klerikalismus bis heute viele Widerstände ausgehen. Es scheint die letzte Chance
für ein mutiges Voranschreiten in die Zukunft zu sein.
Ich vermisse bei den Kämpferinnen für das Frauenpriestertum jeden Bezug zu Maria. Sie ist Himmelskönigin geworden mit sozusagen unbeschränkter Machtfülle, ohne
jeden Anspruch auf das Priesteramt zu fordern. Die Gleichberechtigung ist bei Gott immer gegeben, auch wenn die Dienste verschieden zugeteilt werden. Ich frage
mich, wie jene Kämpferinnen einmal drüben der Himmelkönigin begegnen werden.
Für mich bedeutet Gleichberechtigung primär, dass ebenso viele Frauen wie Män¬ner das Entscheidungsrecht an Konzilien haben. Die Kirche sagt, sie habe keine
Vollmacht, Frauen zu weihen. Das ist noch lange kein Grund, Frauen aus allen wichtigen Entscheidungsgremien aus¬zuschliessen. Wenn die Kirche wirklich Wert auf
das komplementäre Handeln von Mann und Frau legt, sollte gerade das ein Grund sein, Frauen das Entscheidungsrecht auf allen kirchlichen Ebenen einzuräumen.
‹Wer unsere Kirche zerstört, zerstört unsere Identität›
Beteiligt sind auch Kräfte aus Eritrea. Grausame Massaker zerstören Menschen, Gotteshäuser und Tiere.