«Thomas, der Apostel» Zwilling, Zweifler, Indienmissionar – Thomas hat unter den Aposteln ein eigenständiges Profil. Sein Gedenktag wird in neun christlichen Kirchen gefeiert, in unserer am 3. Juli. Jesus könnte Thomas vielleicht Ta’am gerufen haben. Das ist die Wurzel des Namens Thomas, aus der aramäischen Sprache, die auch Jesus gesprochen hat. Ta’am heisst Zwilling. Rund 300 Jahre nachdem Jesus und Thomas miteinander unterwegs waren, wissen die sogenannten Tho- masakten zu erzählen, die beiden könnten tatsächlich Zwillinge gewesen sein. Zumindest im übertragenen Sinn: Als ein «Zwilling» Christi soll Thomas Wunder vollbracht und Menschen bekehrt haben. Und das in Indien. Tatsache ist, dass sich heute sieben Kirchen im Osten Indiens «Thomas- christen» nennen. Sie sehen im Apostel Thomas ihren Gründervater, der für seinen Glauben dort auch das Martyrium erlitten haben soll. Berühmt geworden ist Thomas für eine Geschichte, die in der Bibel überliefert ist. «Wenn ich meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht» ist jener Satz, der Thomas in Verruf gebracht hat, an der Auferstehung Jesu zu zweifeln. Jesus dagegen lässt sich herausfordern. Ein Privileg, das einem «Zwilling» offenbar zusteht. Text: Veronika Jehle
Maria, die Apostelin
Sie steht für Gleichberechtigung. Ihren Gedenktag am 22. Juli hat Papst Franziskus zum Fest erhoben und Maria Magdalena damit den Aposteln gleichgestellt. Für mich persönlich gehört die Szene zu den berührendsten Momenten im Neuen Testament: Jesus steht ihr gegenüber und sagt nur: «Maria!» Und sie, die ihn nicht erkannt hat – die ihn auch nicht erkennen konnte,immerhin war er doch gestorben –, erkennt am Klang ihres Namens den Ersehnten in ihm. Intimität und Unschuld sprechen so ruhig und innig aus diesem kurzen Dialog. Es ist der Moment, der mein Sinnbild für Gleichberechtigung ist: Jesus und Maria Magdalena, Mann und Frau erkennen einander. Auf Augenhöhe. Und anerkennen einander. In aller Unterschiedlichkeit. Das ist Liebe. Das ist Nächstenliebe. Agape, ob mit oder ohne Eros. Natürlich ist gerade sie die erste Zeugin der Auferstehung. Natürlich ist gerade sie eine von jenen, die unter dem Kreuz ausharren. Natürlich ist gerade sie Apostelin und geht mit Jesus gemeinsame Wege. Natürlich lässt Jesus gerade sie nahe an sich heran. Nicht weil sie eine Frau ist, sondern weil sie bereit ist. Vielleicht ist sie derart bereit, weil sie eine Frau ist. Nahe bei Jesus ist, wer nahe bei Jesus ist. Unabhängig vom Geschlecht. Veronika Jehle
Maria Regina
Maria, die Mutter, hat einen Ehrentitel: Regina, lateinisch für Königin. Das Fest «Maria, Königin des Himmels » begeht unsere Kirche am 22. August, acht Tage nach Himmelfahrt. Ich beobachte die Kinder einer Freundin beim Spielen. Ein Junge und ein Mädchen, beide im Kindergartenalter. Sie spielen Familie. Das Mädchen steckt ein Kissen unter ihr Shirt, sie ist schwanger. Stolz trägt sie den grossen Bauch vor sich her. Bald wird das Baby auf die Welt kommen. Während mir die Freundin erzählt, wie es ihr geht, wie sich so manches verändert hat, seit die Kinder da sind, wie müde sie ist, wie sie sich nach Ruhe sehnt und nach einem Moment nur für sich allein – während wir also plaudern, haben die Kinder ein neues Spiel entdeckt. Sie setzen sich gegenseitig Kronen auf, steigen feierlich aufs Sofa und nehmen Platz auf dessen Lehne. Ich gehe zu den beiden und frage, wer sie denn wohl seien? «Ich bin die Königin von diesem Land», sagt sie sehr ernst. «Und was macht die Königin?», frage ich zurück. Einen Moment lang schaut sie mich mit grossen Augen an und weiss nichts zu sagen, dann lacht sie, wirft die Krone vom Kopf und springt weg. Ich muss an die Grossen der Welt denken. Was wissen sie schon, was sie tun? Und ich verstehe die Sehnsucht: nach einer ewigen Mutter, nach einer wirklichen Königin. Text:Veronika Jehle
Mutig nach vorne schauen Stiftskirche in Neustadt an der Weintraße mit Pfarrer Michael Landgraf und Pfarrerin Dr. Nicole Schatull Wie kriege ich meine Zukunft gebacken?“ fragen sich Jugendliche zu Beginn des neuen Schuljahrs. Für ihren Traumberuf brauchen sie gute Zensuren. Das macht Druck.  Andere möchten nach der Schulzeit gern auf andere Kontinente reisen, wissen aber nicht, ob sie sich das zutrauen können. Wie ermutigend in solchen Zeiten der Ungewissheit und Neuorientierung der Glaube an einen persönlichen Gott ist,
Kirchenjahr
Enthauptung Es   ist   ein   makaberer   Anlass,   an   den  am  29.  August  gedacht  wird:  Johannes der Täufer wurde geköpft. Die  Geschichte  aus  dem  Markus-Evangelium liest sich wie ein Krimi.Krimis lesen sich gut, wenn sie rea-listisch sind, komplex, verwickelt und verworren, wie das Leben selbst. Ein Feuerwerk  der  Emotionen,  die  ab- gleiten  ins  Böse,  abgründig  und  er- schreckend. Die Verse 14 bis 29 aus dem  sechsten  Kapitel  des  Evange- liums  von  Markus  lassen  da  nichts  vermissen. Sie erzählen, wie Eifersucht und Intrige  einen  Menschen  Kopf  und  Kragen  kosten.  Die  Akteure:  König  Herodes  und  der  Prophet  Johannes  der  Täufer,  zwei  Männer  mit  Visio-nen, allerdings mit gegensätzlichen. Dann zwei Frauen, Herodias und Sa-lome,  ihre  Tochter.  Die  Handlung:  Herodes  heiratet  Herodias  unrech-terweise, Johannes macht daraus kein Geheimnis. Herodias hasst den Täu-fer dafür und für seinen Einfluss auf ihren König. Am Geburtstag des Königs passiert es  dann.  Salome  tanzt  für  Herodes,  so betörend, dass dieser sagt: «Bitte mich,  um  was  du  willst,  ich  will  es  dir geben.» Den Kopf des Propheten will Salome. Nicht zufällig, hatte sie als  anständige  Tochter  doch  ausge-rechnet ihre Mutter gefragt, was sie sich wünschen solle. Eifersucht, Int-rige,  Mord  niemand  soll  mehr  sa-gen, die Bibel überliefere keine rea-listischen Geschichten. Veronika Jehle
Spiritualität ganz alltäglich Gipfelschnaps trinken Ich liebe die Berge und das Wandern. In diesen Sommerferien habe ich mir einen lange gehegten Touren-Traum erfüllt. Nach vielen Jahren war ich wieder einmal in der Greina-Ebene, einem magischen Ort in den Bündner Bergen. Zusammen mit meiner Frau fuhren wir ins Val Lumnezia, von Chur mit der Rhätischen Bahn und per Postauto auf 1560 Meter zum Ausgangspunkt nach Vrin. Nach dreistündigem Aufstieg erreichten meine Frau und ich den Pass Diesrut auf 2428 Meter, wo sich ein grandioser Ausblick auf die Greina-Ebene eröffnete, die auf Romanisch «Plaun la Greina» genannt wird.  Die Greina ist eine der schönsten und grössten Hochebenen der Schweiz. Die herrliche, unberührte Naturlandschaft wurde in den Jahren 1948 und 1949 sowie 1985 bekannt, als in der Greina ein Wasserkraftwerk mit Stausee gebaut werden sollte. Die Greina- Ebene gehört zum Quellgebiet des Rheins und dessen Wasser sollte auf der Alpensüdseite turbiniert werden. Landesweite Proteste führten dazu, dass das Projekt zurückgezogen wurde. Seitdem ist die Greina als Schutzzone ins Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung aufgenommen, denn sie birgt ein Hochmoor mit einer paradiesischen Vielfalt seltener Gräser und Pflanzen.  Nach sechs Stunden Wanderung kommen wir also zur Motterascio-Hütte des SAC und übernachten dort. Höhepunkt unserer Wanderung sollte am nächsten Morgen die Besteigung des 3149 Meter hohen Piz Terri werden. Nach drei Stunden erreichen wir den Terri-Gipfel und geniessen am Gipfelkreuz die gigantische Aussicht in die Bündner und Tessiner Alpen. Eine Inschrift erinnert daran, dass der Piz Terri erstmals im Jahr 1801 von Pater Placidus a Spescha vom Kloster Disentis bestiegen wurde.  Aus Freude und Erleichterung über den Aufstieg begehen wir am Gipfel ein schönes Ritual, das ich schon von meinem Vater gelernt habe: Wir berühren das Gipfelkreuz, geben uns einen Gipfelkuss und sprechen still ein Vaterunser. Dann holen wir den Gipfelschnaps aus dem Rucksack. Freilich warnen Gesundheitsapostel immer wieder davor, weil Bergtouren einen klaren Kopf verlangen. Für einen Moment ignorieren wir all diese Ratschläge und geniessen einen Schluck Edelbrand, hier oben zwischen Himmel und Erde. Wir danken Gott für das Wunder der Natur – und sind uns ziemlich sicher, dass Pater Placidus damals auch einen Gipfelschnaps im Gepäck hatte. Text: Christian Cebulj, Rektor der Theologischen Hochschule Chur
Die Würde des Menschen in der Pflege ist mir nach wie vor ein grosses Anliegen. Wofür stehen Sie ein? Pflegende sollen nicht Tätigkeiten abarbeiten müssen, sondern für den kranken Menschen da sein. Die innere Präsenz hilft, Prioritäten zu setzen, um nicht alles, aber das Wichtige zu tun. Die Politik und die Gesellschaft müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit das möglich ist. Wie verhält sich Ihr Ordensleben, Ihr Glaube, zu Ihrem Engagement? Ich kann das nicht trennen. Ich bin ich, in meinem Leben im Kloster genauso wie in der Bildungsarbeit. Meine Ordensgemeinschaft gibt eine Lebens- und Gebetsstruktur. Wenn ich vor schwierigen Situationen stehe, merke ich, wie Gott mich hält.
Franziskus von Assisi «Il   Cantico   di   Frate   Sole»   heisst   das  wunderbare  Lied  des  Italieners  Francesco, «Der Gesang von Bruder Sonne».  Ein  poetischer  Beitrag  zur  Klimadebatte. «Höchster,  allmächtiger,  guter  Herr,  dein  ist  das  Lob,  die  Herrlichkeit  und  Ehre  und  jeglicher  Segen.  Dir  allein,  Höchster,  gebühren  sie  und  kein  Mensch  ist  würdig,  dich  zu  nennen.» So beginnt sein Gesang, der Lob-gesang  des  Franziskus,  geschrieben  im 13. Jahrhundert. Sonne und Mond werden darin zu seinen Geschwistern, zusammen  mit  allem,  was  ist.  Als  wäre der Mensch einzig und alleine auf dieser Welt, zu staunen, zu beob-achten  und  sich  zu  freuen,  singt  er  Gott und allem Lebendigen ein Lied. «Gelobt   seist   du,   mein   Herr,   für   unsere  Schwester  Mutter  Erde,  die  uns  erhält  und  lenkt  und  vielfäl- tige Früchte hervorbringt, mit bunten Blumen  und  Kräutern.»  Franziskus  weiss,  dass  er  alles  Lebensnotwen-dige  geschenkt  bekommt.  Nehmen  und besitzen wäre Zerstörung. Ist das gemeint, wenn der Heilige weiter singt «Wehe jenen, die in töd-licher  Sünde  sterben»?  Franziskus  hatte den prunkvollen Mantel seines Vaters eingetauscht gegen eine ein-fache braune Kutte, er lebte mit der Natur und fand seinen persönlichen Einklang  mit  ihr.  «Selig,  die  Gott  finden  wird  in  seinem  heiligsten  Willen.» von Veronika Jehle
Antonius Maria Claret Kennen  Sie  diesen  Heiligen?  Sein  Gedenktag wird in der katholischen Tradition am 24. Oktober begangen – sein  Leben  hat  Auswirkungen  bis  heute,
«Claretiner» werden sie genannt, jene Männer, die sich für andere einsetzen und sich dabei in der Nachfolge des heiligen Antonius Maria Claret sehen. Der Spanier Claret begann mit fünf anderen im Jahr 1849, heute sind es in seinem Orden rund 3000 in über sechzig Ländern. Zwei
davon leben und arbeiten in Zürich. Sie  feiern Messen und springen ein, wo Priester gebraucht werden, sie spenden Sakramente und besuchen Kranke im Spital, sie sammeln Spenden für die Aufgaben ihrer Kollegen rund um die Welt. Auch «Claretinerinnen» gehen auf den Gründer zurück. Antonius Maria Claret muss das an sich gehabt haben, was viele zu Heiligen macht: Er hat einige konkret angesprochen, er hat verstanden, sie zu begeistern. Er hatte eine Vision, was zu tun ist, und hat begonnen, es zu tun. Begeistert war er von Jesus Christus und von der katholischen Weise, ihm zu folgen. Aus dem Sohn eines Webers wurde so der Bischof von Santiago de Cuba und später der Beichtvater der spanischen Königin Isabella II. Karriere auf katholisch. Kurz vor seinem Tod 1870 hat er sich am Ersten Vatikanischen Konzil für die Unfehlbarkeit des Papstes eingesetzt. von Veronika Jehle Im Advent schmerzt die Wunde besonders Advent  und  vor  allem  Weihnachten  wird  von vielen Singles als schmerzhaft erlebt. Die Frage, mit wem oder wie ich feiern soll, liegt in der Luft. Viele bleiben für sich und spüren am Festtag der Liebe die schmerzhafte Seite der Einsamkeit besonders  stark.  Die  Wunde,  die  viele  Singles mit ihrer Lebensform empfin-den,  kann  an  Weihnachten  besonders  schmerzen.Die  Gruppe  dieser  Menschen  ist  über  alle Alter verteilt und betrifft mehrere Lebensstände  gleichzeitig: Verwitwete, Geschiedene, Partnersuchende, Allein-Gebliebene und solche, die sich für die-se Lebensform entschieden haben. Das Büchlein von Hildegard Aepli «Alles beginnt mit der Sehnsucht. Impulse für Singles im Advent» kann gratis bezogen werden bei Übernahme der Portokosten. Interessierte melden sich bei: emanuela.zaccari@bistum-stgallen.ch Der Allein-Stand betrifft zudem uns alle.Denn  auch  innerhalb  einer  Partner-schaft geht es darum, allein stehen zu können.  Und  letztendlich  stehen  wir  Menschen am Lebensabend alleine vor Gott. Ich allein bekam mein Leben und ich  allein  gebe  es  sozusagen  wieder  Gott  zurück.  Gerade  die  manchmal  schwierige Advents- und Weihnachts-zeit kann uns helfen, dieses in uns sel-ber  und  in  Gott  «Verwurzelt  sein»  zu  stärken und zu fördern.H
Elisabeth von Thüringen Warum werden reiche Menschen heilig, bloss weil sie teilen? Diese Frage stellt mir das Leben meiner zweiten Namenspatronin, deren Gedenktag wir am 19. November feiern. Elisabeth wird als Frau beschrieben, die mit allem gesegnet war: edle Abstammung, vielversprechende Zukunft durch Heirat, solider Wohlstand, gut gebildet, und schön, selbstverständlich. Ihr Leben fällt ins 13. Jahrhundert, eine Zeit der Burgen und Landgrafen, der Kriege um Gottes Willen und einer wundersam tiefen Frömmigkeit. Elisabeth aber wächst über den Luxus hinaus: Weder behält sie ihre Güter für sich, noch begnügt sie sich mit einer Frömmigkeit der wohlklingenden Worte. Sie pflegt Kranke, bringt Brot von ihrer Burg zu den Leuten hinunter, später wird sie ein Spital gründen. Bemerkenswert. Schon Jesus wusste, wie schwer es gerade für die Wohlhabenden ist, diese sogenannte Freiheit der Kinder Gottes zu erlangen. Dahinter steckt die eigenartige Logik der Realität: Wer mehr hat, teilt weniger leicht. Und so ist wohl eine Antwort auf die Frage vom Anfang: Ob nun reich oder arm – das Teilen der eigenen Gaben bleibt der Schlüssel zur Heiligkeit, und zwar für alle. Interessant ist, dass es eine Parallele gibt zwischen Elisabeth und Siddhartha Gautama, dem Buddha. Beide brechen aus, um unter den Armen sich selbst und das Leben zu finden. Text: Veronika Elisabeth Jehle
Glaube ist eine Berufung Die katholische Corpus-Christi-Kirche hat einen neugotischen Baustil. Ihre Grundsteinlegung war am 02.07.1905. Die Innenausstattung ist schlicht mit Klinkern, Schmiedeeisen und Holz. 1945 wurde auch diese Kirche beschädigt. 1978/1980 erfolgte eine Grundsanierung. Das Dach und der Turm wurden neu eingedeckt, die Kirchenbänke und die Dielung erneuert. Es entstand ein Altar aus Klinkersteinen. In der Corpus Christi Kirche von Döbern mit den Archiv-Seiten! Kirchenjahr